Die Motion beauftragt den Bundesrat, systematisch alle ausländischen Personen aus unserem Land auszuweisen, die einerseits strafrechtlich zum Beispiel aufgrund ihres diplomatischen Status nicht verfolgt werden können und andererseits durch verbotene nachrichtendienstliche Tätigkeiten die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz oder die Rolle der Schweiz als Gaststaat gefährden.
Die Motion wurde in der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates am 4. September 2023 eingereicht und vom Nationalrat am 12. Dezember 2023 mit 103 zu 74 Stimmen bei 19 Enthaltungen und im Ständerat am 27. Mai 2024 mit 32 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen.
Der Bundesrat beantragt die Annahme der Motion. Er will jedoch keinen Automatismus, sondern eine Einzelfallprüfung, um jeweils den besonderen Umständen und den Interessen der Schweiz gebührend Rechnung zu tragen. Er stützt sich dabei auf die aktuelle Praxis der Ausschaffung von Ausländerinnen und Ausländern, die laut dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) in der Schweiz Spionage betreiben. Dies betrifft häufig angestellte ausländische diplomatische Vertretungen. Jede Massnahme muss individuell geprüft und von Fall zu Fall entschieden werden, um eben den besonderen Umständen und den unterschiedlichen Interessen der Schweiz, insbesondere - und das ist wichtig - im Bereich der Aussen- und Wirtschaftspolitik, angemessen Rechnung zu tragen.
Die Schweiz als Sitz internationaler Organisationen und als Staat mitten in Europa ist ein attraktiver Standort für Nachrichtendienste. Laut NDB gibt es tatsächlich mehr Fälle von Spionage. So befindet sich jeder fünfte russische Nachrichtenoffizier in Europa in der Schweiz. Inzwischen soll kein anderes Land in Europa mehr russische Agenten beherbergen als wir in unserem Land. Der NDB wies in den letzten Jahren in seinen Lageberichten wiederholt auf die Bedrohung durch ausländische Nachrichtendienste hin und legte klar dar, dass vor allem die Präsenz von Nachrichtendienstoffizieren unter diplomatischer Tarnung auf Botschaften eine Bedrohung für die Sicherheitsinteressen unseres Landes darstellt.
Als besonders kritisch beurteilt der NDB die Präsenz der russischen und chinesischen Nachrichtendienste, da diese aufgrund der machtpolitischen Ambitionen ihrer Länder in der Schweiz sehr grosse Präsenzen von Nachrichtendienstmitarbeitenden unter diplomatischer Tarnung unterhalten.
Verschiedene Fälle und Operationen des NDB zeigen, dass die Schweizer Neutralität und Genf als Ort für die friedliche Diplomatie zwischen Staaten keinen Schutz vor Spionage und anderweitigen nachrichtendienstlichen Aktivitäten bieten. Im Gegenteil: Die Schweiz ist sehr attraktiv für Spionage - und gerade Genf mit seinen zahlreichen internationalen Organisationen, diplomatischen Vertretungen und dem dazugehörenden Umfeld ist ein Magnet für Nachrichtendienste.
In der Presse konnte man lesen, dass man davon ausgeht, dass der Anschlag auf Sergej Skripal von Genf aus vorbereitet worden sei. Dennoch hat die Schweiz in den letzten Jahren systematisch darauf verzichtet, diplomatisches Personal zur Persona non grata zu erklären. Der letzte bekannte Fall, bei dem ein unerwünschter russischer Diplomat ausgewiesen wurde, stammt aus den 1990er-Jahren. Andere europäische Länder haben hingegen seit Februar 2022, als Russland die Situation in der Ukraine eskalieren liess, über 600 russische Diplomaten ausgewiesen. Es wird nun befürchtet, dass einzelne Personen von der Schweiz aus ihre Operationen fortsetzen könnten, wenn die Schweiz nicht konsequent handelt.
Was die Motion verlangt, ist kein Automatismus, sondern die Stärkung des Mechanismus zur Kontrolle und Ausweisung im Einzelfall.
Ich bin dezidiert der Meinung, dass die Schweiz kein Tummelplatz für ausländische Spione sein darf und bin deshalb dankbar für die klare Annahme der Motion – auch durch den Ständerat.
Schauen Sie dazu den Beitrag in 10vor10 von Montag, 27. Mai 2024.
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